Psychotherapie kann Krebs nicht heilen, aber das Leben mit der Erkrankung leichter machen. Zu einer ganzheitlichen Behandlung gehört die Psychoonkologie. Ihre Bedeutung wird mehr und mehr erkannt.
Die Diagnose „Krebs“ wird oft als Verurteilung erlebt …
Die Diagnose „Krebs“ kann Betroffene und Angehörige aus ihrer Lebensbahn werfen. Weil die Früherkennung und die Behandlungsmöglichkeiten sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert haben, können heute viele Patienten mit dieser Krankheit lange leben. Trotzdem wird die Diagnose noch immer mit einer Verurteilung gleichgesetzt: zu einem wahrscheinlich langen Leiden, das letztlich zum Tod führt. Das Gefühl der Verurteilung ist eng verbunden mit vielen Ängsten vor dem Ausgeliefertsein an eine seelenlose Apparate-Medizin.
Was leistet die Psychoonkologie?
Die Psychoonkologie befasst sich mit der Begleitung, Beratung und (Mit-)Behandlung von Krebspatienten/-innen in den verschiedenen Phasen der Erkrankung und achtet dabei auf die seelischen – und auch sozialen – Vorgänge im Verlauf der Behandlung und darüber hinaus. Damit repräsentiert sie ein ganzheitliches Verständnis von Krankheit und Gesundheit, das die psychische, die soziale und die biologische Ebene der Persönlichkeit umfasst.
Die psychische Ebene
Auf der psychischen Ebene sind die Auswirkungen der Krankheit auf die seelischen Grundfunktionen wie Gedanken („Warum ich?“), Gefühle (Schuld, Angst) und Lebenswillen („Ich schaffe das nicht!“) Gegenstand der Behandlung.
„Nicht selten … verspüren Tumorkranke den Wunsch, einen Sinn in ihrer Krankheit zu entdecken und unter der Drohung der Krankheit bis dahin unentwickelte Seiten ihres Lebens zur Entfaltung zu bringen. Sie möchten einen inneren Erlebniszusammenhang zwischen ihrer Vergangenheit, ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft herstellen oder – anders ausgedrückt – ihr „wahres Selbst“ kennenlernen.“ (Fritz Meerwein 1980)
Die soziale Ebene
Auf der sozialen Ebene geht es um die krankheitsbedingten Veränderungen in der Familie, dem Freundeskreis und im Beruf. Auch die Kommunikation mit dem Arzt und dem Behandlungsteam kann hier zur Sprache kommen.
Die körperliche Ebene
Auf der biologischen Ebene behandelt die psychoonkologische Psychotherapie die körperlichen Symptome und Nebenwirkungen der Erkrankung wie zum Beispiel Müdigkeit (Fatigue), Schmerzen, Schlafstörungen usw. durch leicht zu lernende Übungen wie Entspannungstraining, Selbstablenkung oder die Arbeit mit hilfreichen inneren Bildern.
Ziele einer psychoonkologischen Therapie
Die Ziele einer psychoonkologischen Psychotherapie sind immer, die Belastung durch Krankheit und Behandlung zu lindern, die Auseinandersetzung mit der Krankheit zu unterstützen und dadurch seelischen Folgeschäden vorzubeugen und aus der veränderten Lebenssituation neue Wege in die Zukunft zu finden – oder kurz:
- Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung
- Verbesserung der Lebensqualität
- und vielleicht Verbesserung der Überlebenserwartung.
Wissenschaftliche Grundlagen und mehr Informationen
Die wissenschaftliche Grundlegung der Psychoonkologie als Forschungsgebiet und Therapieverfahren begann in den 1970er Jahren mit den Professoren Fritz Meerwein (Zürich, 1922-1989), Frau Prof. Jimmie C. Holland (New York, 1928-2017), Frau Prof. Margit v. Kerekjarto (Hamburg, 1926-2009) und Prof. Reinhold Schwarz (Heidelberg / Leipzig, 1946-2008).
Gute Informationen für Patienten und Angehörige geben die Krebsberatungsstellen der Krebsberatung Stade und der Krebsfürsorge in Bremervörde / Zeven sowie der Krebsinformationsdienst, eine wirklich unabhängige Einrichtung am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg (Infos auch in Türkisch oder Russisch!) und die wissenschaftlichen Fachverbände www.dapo-ev.de und www.pso-ag.org/de